Das menschliche Streben nach Schönheit war und ist ein globales Phänomen. Kulturen und Zeiten übergreifend durchzieht es die gesamte Geschichte der Menschheit, wobei es keineswegs ein einheitliches Kriterium für Schönheit zu geben scheint.
Was verbirgt sich hinter dem allgegenwärtigen Bedürfnis nach Schönheit und dem Streben nach Makellosigkeit? Welche Projektionen und Sehnsüchte verbinden wir damit? Ist Schönheit Ausdruck subjektiven Empfindens oder kann man sie mathematisch ergründen? Ist Schönheit immer gut?
Wir werden von Schönheit überflutet. Die Werbung und Massenmedien locken und verführen uns mit Idealbildern, suggerieren, was erstrebenswert sei und zeigen Mittel und Wege dorthin. Die Labels generieren atemberaubende Bilder und verheißen mit ihren Gütern mehr Erfüllung, Glück und Erfolg. Mode, Kosmetik und Lifestyle-Produzenten leben von dem Versprechen der Schönheit. Wir verbinden das perfekte Äussere mit hoher Lebensqualität und wünschen uns davon soziale Akzeptanz und Zugehörigkeit.
Die vordergründige dekorative Optik einer Blume scheint wie dafür geschaffen, die konventionellen Ansichten bezüglich der Schönheit zu hinterfragen und sich mit den kulturellen Aspekten des Themas auseinanderzusetzen. Ein von Menschenhand geschaffenes Blumenarrangement steht für den unaufhörlichen Ästhetisierungswahn der Gesellschaft und ihr Bestreben nach ewiger Vervollkommnung. Blume ist ein Sinnbild für den machtausübenden Gestaltungswillen des Menschen über die Natur verstanden werden, für den Wunsch, die Natur nach unseren Vorstellungen zu biegen und zu modellieren. Der Kampf für die Aufrechterhaltung einer schönen, glatten, vermeintlich perfekten Erscheinung führt auch zum zwanghaften Wunsch, Kontrolle über die Natur behalten zu wollen.
Die Ambivalenz des Sujets zeigt sich in der attraktiven und positiven Erscheinung der Blume einerseits und in der darin enthaltenen Thematik der Endlichkeit und des Verfalls andererseits. Ein üppiges Blumenbouquet symbolisiert das Prachtvolle, Überragende und Erstrebenswerte und gleichzeitig die Maßlosigkeit, Verschwendung und Dekadenz. Die Schönheit manipuliert und fasziniert, lenkt ab und hypnotisiert. Ein Spannungsfeld von Schein und Sein wird erzeugt: Glanz, Wertsuggestion und Glamour auf der einen Seite und Illusion, Blendung und Vergänglichkeit auf der anderen.
Die Auseinandersetzung mit dem Motiv Blume ermöglicht einen Perspektivenwechsel jenseits konventioneller Ansichten und verweist auf die Phänomene, deren Metaebenen weitgehende Aussagen enthalten und den Betrachter zur Reflexion und zum genauen Hinsehen anregen.